Wir haben furchtbar lange geschlafen. Dann langsam zum Duschen, Bazi ausgelüftet und dann gefrühstückt. Irgendwie wussten wir nicht, was wir wollten. Monika wollte in die Stadt. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen, aber nu ja, was tut man nicht alles für Menschen, die man gerne hat.
Und wir beschlossen auf Grund der eindeutigen Qualitäten unseres Stellplatzes, hier unseren Aufenthalt um einen Tag zu verlängern. Das habe ich dann auch schnell an der Rezeption erledigt.
Da Stettin verkehrstechnisch für Fremde, sagen wir mal, chaotisch ist, wollten wir mit Bolt fahren. So irgendwann um Zwölf. Dann muss man aber bei Bolt ein Taxi buchen, das auch Hunde mitnimmt (pets). Wir waren dann abfahrtsbereit und bei Bolt war kein PET-Taxi zu bekommen. Über ein Stunde nicht.
Zwischenzeitlich habe ich die Uber-App installiert und musste feststellen, Uber hat, zumindest in Stettin, die Option „Haustier“ gar nicht. Kann man also getrost den Hasen geben.
Am Ende beschlossen wir, uns zu Fuß Richtung Horizont die ganzen Jachtclubs und Hafenanlagen entlang zu tummeln, um vielleicht ein Speiselokal zu finden, denn unser Kühlschrank ist leer. Da wir nicht weit wollten, nahm ich keine Jacke mit, ein T-Shirt wird schon reichen und Monika hatte nur eine leichte Weste an, die eher optisch, denn tatsächlich wärmt. Egal, wir wollten ja nicht weit.
Das erste war eine Pizzeria, aber das wollte Monika nicht. Außerdem sah die so aus, als wenn sie schon länger nicht mehr offen war. Wir also weiter. Ich wusste, da musste eine Taverne kommen. In FB vielgelobt. Naja, wir kamen hin, die hatte noch zu, hätte aber in wenigen Minuten aufgemacht (mittlerweile war es 14:00). Aber auch hier war der WAF (woman acceptance factor) im Minusbereich.
Ich also nochmals in der Bolt-App geschaut und, Glückes Geschick, wir bekamen ein PET-Taxi. Da mir ja keiner sagen konnte, welche Adresse am besten für die Altstadt ist, hatte ich gegockelt. Und dort stand dann ein Platz, von dem aus die Altstadt gut erreichbar sei.
Leider gibt es Tage, an denen sollte man erst gar nicht aufstehen. Das Taxi warf uns am gewünschten Zielort ab. Wie wir schnell feststellten, war dieser Platz, falls es ein helles Zentrum in der Altstadt gibt, der davon am denkbar weitesten entfernte Punkt. Es war also so ein Tag!
Latschen war angesagt! Wir hatten immer noch nichts gegessen und mittlerweile wandelte sich der tolle Sonnenschein in eher unangenehmen Wind. Normalerweise ist das ja nicht schlimm, aber die Städter laufen alle mit Jacke, Mütze und Kaputze rum und der Rainer schlendert mit einem T-Shirt, Typ ultra-cool, also extra kühlend für heisse Tage, in der zugigen Innenstadt rum. Von Altstadt natürlich keine Spur.
Aber wenigstens kamen wir an einem Postamt vorbei. Das war gut, denn wir brauchten noch Briefmarken. Ich wartete mit Bazi auf irgeneiner zugigen Bank, das mit dem T-Shirt und der Kälte ließ sich nur noch mental mit autogenem Training ertragen!
Monika unterdessen ging ins Postamt. Wenn jemand schonmal im Landratsamt Kelheim war, kann er sich eine Vorstellung von Arbeitstakt und Nummernautomaten machen. Und nun nimmt man dieses Wissen und potenziert das. Das was dann rauskommt, ist die Vorgehensweise, wie man als Fremder in Stettin Briefmarken bekommt.
Monika kommt also ins Postamt, es gibt mehrere Schalter, natürlich in polnisch beschriftet. Wir sind ja in Polen, alles korrekt soweit. Eine Frage bei einer Dame hinter so einem Schalter wurde mit vehementem Winken und dem „maszyna“ oder automatski oder irgendwas in der Richtung beantwortet. Schön, Monika war ja willig. Aber welche Nummer musste sie ziehen? Eine Nummer für „sprckiy“- oder eine für „ocziky“? (oder so ähnlich, jedenfalls für Monika unverständlich). Da alle A-Nummern hatten, ging sie zum Automat und drückte, was alle vor ihr drückten. Die Nummer, die rauskamm war aber eine C-Nummer. Der Verzweiflung nahe, fiel Monika einer sehr netten polnischen Dame auf, die ihr dann die richtige A-Nummer aus einem Automaten zauberte. Die Dame konnte weder Deutsch noch Englisch, Monika nur 5 Worte Polnisch, aber mit Lächeln und pedi-manueller Verständigung wurden schon immer Probleme gelöst.
Als dann Monika an der Reihe war, hat eine nette Dame hinter dem Schalter trotz Monikas Pidgin-Englisch verstanden, dass sie zwei Briefmarken für zwei Postkarten braucht. Aber sie brauchte 4, je Karte zwei. Das hat die Dame der Monika auch gut erklärt. Gezahlt war schnell.
Jetzt könnte man denken, „bitte nächster Kunde“, aber nein, erst muss der Buchführung genüge getan werden. Nach jedem Vorgang muss das Schalterpersonal offensichtlich eine Liste ausfüllen, was sie da wohl mit wem, warum und für wieviel gemacht haben. Alles in allem dauerte es alleine am Schalter rund 5 Minuten, bis Monika fertig war, die gewünschten Briefmarken in der Hand hielt und der Schalter den nächsten Kunden drannehmen konnte.
Aber nun doch noch ein Bild: Dieser Steuermann hat gar nichts historisches zu sagen. Weder John Meinhard, noch der Seewolf sind dort dargestellt, sondern einfach ein Denkmal der Seefahrtshochschule in Stettin für seine maritimen Traditionen als Hauptstadt der Woiwodschaft.

Irgendwann ereilte mich ein körperliches Bedürfnis. Nun kann man nicht einfach eine Stange Wasser in die Ecke stellen. Öffentliche Toiletten sind, sofern es welche gibt, entweder in Chinesisch beschriftet oder aber ich bin blind. Letztendlich rettete mich ein Kaffee, in dem wir hervorragenden Kuchen und einen Cappuccino genossen.
Und plötzlich, hinter irgendeiner Ecke, wo der unsägliche Verkehrslärm plötzlich nachlies, eröffnete sich die Altstadt. Endlich waren wir da, wo wir hin wollten.
Aber ich hatte weiter oben schon ml gesagt, dass es Tage gibt, an denen bleibt man besser im Bett. Jetzt jedenfalls, am Ziel unseres Begehrs, fing es an zu regnen. Wind hat wohl nicht gereicht, nein, es musste ja unbedingt Regen werden!
Eigentlich hätte ich jetzt sagen können, ich stand mit meinem T-Shirt da, wie ein begossener Pudel. Aber Kritiker würden sofort aufschreien und behaupten, wenn schon, dann angesichts meiner doch spärlichen Haartracht eher wie ein begossener Nackthund. Blöderweise habe ich zuviel Haare auf dem Kopf, als dass ich hinterher die Platte nur abledern könnte, andererseits aber zu wenig Haare, als das es beim Auftreffen der Regentropfen nicht Platschen würde.
Wir flüchteten in ein Speiselokal, wo wir dann hervorragende polnischen Küche genossen. So mit Vorspeise und so. Für unseren Bazi wurde auch gleich Wasser hingestellt.

Wir beschlossen, angesichts der Wetterbedingungen und der unpassenden Kleidungseigenschaften ein Taxi zu rufen und zurück zum Jachthafen, wo unser Wohnmobil steht, zu fahren.
Und ach ne gucke sieh mal da, wir bekamen innerhalb 9 Minuten ein Taxi. Super. Am Jachthafen angekommen, war von Regen keine Spur mehr.

Dieses Wochenende findet hier eine Regatta statt. Ich weiß zwar nicht, wer gegen wen und in welcher Klasse, aber der Aufwand, den sie hier treiben an Bühnentechnik und TV-Technik etc. lässt schließen, dass es schon eine nicht ganz kleine Veranstaltung wird.
Und ruhig zieht der Abend über dem Jachthafen ins Land. Und ich bilde mir ein, leise zwischen dem Plätschern der Boote ein leises murmeln „Regen? Das war flüssiger Sonnenschein!“ zu hören.

Morgen werden wir mit dem Wohnmobil direkt ins Getümmel fahren und einen Parkplatz an der Altstadt anfahren. Vielleicht können wir noch ein wenig nachholen von heute.