Ich habe bis nach 8:00 geschlafen, während Monika schon um 7:00 anfing zu wirtschaften. Als Frühstück gabs nur eine Apfeltasche vom Makrt gestern und eine Tasse Tee. Dann ging es los, raus aus Talinn, vorbei an der Staatsbibliothek…

…rein in die Vororte, wo die Häuser niedriger und kleiner wurden. Aber verkehrstechnisch war es vollkommen entspannt, wenn auch die Esten den einen oder anderen Niki Lauda hervorgebracht zu haben scheinen. Aber meist waren das junge Kerle mit großen Auspuffrohren und einem Mangel an Feinmotorik im rechten Fuß.

Da ich wieder einmal vergessen hatte, vor der Abfahrt den Kühlschrank von Gas auf Lima-Strom umzuschalten, haben wir nochmal angehalten, um das nachzuholen. Dabei habe ich entdeckt, dass es eine Sportart gibt, die mir vollkommen unbekannt war: Discgolf! Ich habe extra gegockelt, das ist eine Art Golf, die mit speziellen Frisbees gespielt wird. Man lernt nie aus.

Ein Camper in Finnland hat uns Tod und Teufel an die Wand gemalt, wie schlecht Estlands Autobahnen seien und wie rücksichtlos die LKW-Fahrer seien. Seiner Darstellung nach glich bei seiner Reise vor 10 Jahren Tempo 100 einem Ritt auf einer Stoßdämpferteststrecke. Nun gut, das ist 10 Jahre her. Wir stellten fest, die Strassen sind alle in gutem bis sehr gutem Zustand. Rücksichtlose LKW-Fahrer haben wir nicht erlebt, wobei Sonntags natürlich wenig LKWs unterwegs sind und dahin, wo wir fuhren, fährt eh kaum ein LKW.

Wie man sehen kann, beschäftigen sich die Esten auch mit alternativen Energien. So sieht man immer wieder Photovoltaikanlagen. Allerdings sind sie steiler ausgerichtet wie bei uns, um dem optimalen Sonnenstand in Estland gerecht zu werden.

Unterwegs hielten wir an einer Tanke mit Imbis und kauften uns je einen Wrap. Und somit war das Thema Mittagessen abgehakt.
Hochspannungmasten sehen überall anders aus, aber diesen einen, den haben wir nur einmal gesehen: Es ist ein „Eckmast“ einer Hochspannungsleitung. Ob das nun ein künstlerisch gestaltetes Einzelstück, oder eine Standardbauart ist, weiß ich nicht, aber rein von der Statik her finde ich ihn sehr interessant: Weniger Materialverbrauch, um die Lasten aufzunehmen ohne Abspannung kann ich mir kaum vorstellen. Chapeau!

Dann plötzlich taucht eine alte Kirche auf. Was das mal war, habe ich eruiert:
Das Dorf heisst Silla, was soviel heisst, wie „Brücke“. Die Rest davon kann man noch auf dem Bild sehen. Die Kirche wurde 1880 bei der Russifizierung als orthodoxe Nikolaikirche gebaut und 1953 von den Sowjets geschlossen. Das sind offenbar die Reste davon.

In Estland scheint es doch nennenswerte Rinderhaltung zu geben. Jedenfalls haben wir immer und immer wieder links und rechts der Strasse Rinder gesehen.

Nochmals zu den alternativen Energien: Wind gibt es offenbar ausreichend, so haben wir auch immer wieder Windräder gesehen.

Dann erhaschten wir einen Blick auf den Fährhafen in Virtsu. Das blaue Schiff ist unsere Fähre. Deren Fahrzeit beträgt rund 30 Minuten und sie pendelt immer hin und her. Es gibt auch noch eine rote Fähre, die die gleiche Route zu fahren scheint, wie wir später feststellten.

In Ort Virtsu fanden wir einen COOP, also einen „Supermarkt, der alles führte, was man so am Ar5ch der Welt braucht. Wir brauchten Brot und kamen mit Brot, Süßkram und Pillepalle wieder raus.
Dann gings zur Fähre, wo wir rund 20 Minuten warten mussten, bis es ans Verladen ging.

Bei 30 Minuten Fahrt rentiert es sich eigentlich kaum, aus dem Auto auszusteigen. Wir taten es trotzdem und dann musste ich Bazi 2 Decks nach oben tragen (und später wieder runter), weil die Treppen eher Leitern glichen. Oben angekommen fanden wir einen netten Platz, aber Bazi war das alles irgendwie zuviel. Jedenfalls war er unruhig und wollte einfach nicht liegen bleiben.

Dann wollte ich doch eigentlich einfach nur zwei Kaffee besorgen. Die gibt es dort per Selbstbedienung. Die sieht ganz einfach aus: Du nimmst, was du willst und hinterher tippst du das selbst ein, was du hast und bezahlst mit Karte.
Gott sei Dank habe ich im Kindergarten gelernt, Bilder zu lesen und verstehen. Meine estnisch-Kenntnisse sind nicht vorhanden und meine Finnisch-Kenntnisse beschränken sich auf … äh … naja, ich hab dann alles nach Bildchen bezahlt.

Ein Bild auf der Fähre von Saaremaa, das die Insel zeigt.

Frühzeitig ging ich mit Bazi wieder aufs Autodeck und er war froh, wie er wieder ins Auto durfte und am Ende alle wieder drin saßen.

Endlich, Ausfahrt von der Fähre und rauf auf die Landstrasse. Immerhin sind es bis zum Leuchtturm auf der Halbinsel Sörve, unserem Zwischenziel, rund 100 km.

Nach einem kleinen Inselteil geht es über einen langen Damm auf den größeren Teil. Auf den Strassen war wenig los, was uns jetzt überhaupt nicht störte.

Auf Saaremaa gibt 35 Orchideenarten, Landwirtschaft und eine vielfältige Tierwelt.

Auch Schwäne gibt es zu Hauf, allerdings haben wir es bisher nicht geschafft, auch nur einen Schwan beim Starten zu filmen. Entweder war gerade keine Kamera greifbar oder der Winkel Mist. Den gleichen Effekt haben wir 2015 im Donaudelta erlebt: Da waren es die Bienenfresser und die Pelikane, die man immer nur sah, wenn gerade keine Kamera bereit war.

Endlich am Leuchtturm. Hier gibt es jede Menge zu sehen. Die Halbinsel heist Sörve, der Ort heisst Sääre und hat keine Einwohner mehr. Nur noch den Leuchtturm, eine Vogelwarte, ein Restaurant und in einiger Entfernung ein Militärmuseum.

Also geparkt und raus aus dem Auto. Bei wirklich windigen 19° konnte ich gut im T-Shirt rumlaufen, während Monika und viele andere eingepackt waren, wie zu einer Polarexpedition.

Eine Werbung für das 700 Meter entfernte Militärmuseum. So wie ich das sehe, in erster Linie „Made in Germany“

Monika machte sich auf, mit Bazi bis zum Ende der Landzunge zu gehen. Ich fand es dagegen eigentlich ganz schön, wo ich war.

Die Sicht auf den Leuchtturm von Seeseite. Auf den Turm kann und darf man sogar raufsteigen. Wenn man die 40 Meter überwunden hat, wird man mit einer tollen Aussicht belohnt, befinden wir uns doch hier am Eingang zum Meerbusen von Riga. Leider war das Wetter, oder besser gesagt, die Weitsicht so schlecht, dass sich ein Aufstieg nicht lohnte.

Stattdessen fand Monika eine Ringelnatter, die sich aber schnell vom Acker machte.

Auch eine Robbe war ganz nah, zog es dann aber vor, wieder zu verschwinden weil ihr letztendlich wenige Meter zu nah waren.

Jedenfalls war es Bazi zu windig und außerdem reichte es ihm auch, er wollte nur noch zurück. Dementsprechend zog der kleine Kerl an der Leine.

Wir entschlossen uns zu einem Abendessen im vielgelobten Restaurant. Und ja, es war sehr gut. Eine frische Scholle hatten sie noch da, die bekam Monika und ich nahm dann eben mit Fish’n’Chips vorlieb.

Wir entschlossen uns, nicht mehr zurück bis nach Kuressaare zum Campingplatz zu fahren, sondern die Nacht hier zu verbringen. Der Platz ist eben, ausreichend Vorräte und Wasser vorhanden und Wind hat es überall.

Ein schöner Sonnenuntergang belohnte uns.

Allerdings frischte der Wind ab 21:00 auf, so dass es am Wagen schon merklich rüttelte (letztes Jahr in Norwegen hatten wir ganz andere Winde erlebt). Kurzum, es störte uns nicht.
Eher schon störte es ein Pärchen, die mit einem Camper mit Aufstelldach unterwegs waren. Die hatten sich recht weit vorne am Leuchtturm hingestellt. Das hatte ich vermieden, weil dort der Wind voll reinkam, während an unserem Standort ein leichter Windschatten von den Häusern herrschte. Jedenfalls schlich er irgendwann um halb Zehn mit seinem Bus neben uns in den Windschatten, weil es offenbar weiter vorne für sein Aufstelldach zu windig war. Ob es ihm viel half, weiß ich nicht, denn sein Camper hat rund 2 Meter Höhe + 1 Meter Aufstelldach, unser Pössl hat 2,70 Meter. Aber mich störte es nicht und im Grunde taten sie mir leid.
Schaun mer mal, ob und was sie morgen früh sagen.