Red' nicht, tu es!

Tag 15 – Helsinki-Tallinn

Morgens um 6:30 aufgestanden, geduscht, zusammengepackt, dann die imperiale Standardprozedur (Star Wars Fans wissen wovon ich rede: Klo entleert, Abfall entsorgt), und so ging es ohne Frühstück und Kaffee in den regnerischen Morgen. Zum Fährhafen waren es 15km vom Campingplatz. So bekamen wir nochmal eine kleine Sightseeing-Tour.

Am Yachthafen vorbei…

…die Kirche haben wir auch schon gesehen…

…und schon waren wir am Kai der Viking-Line.

Ein kurze Wartezeit, bis der Check-In öffnete und schon standen wir in Reihe 8. Nur Wohnmobile. Das kennen wir schon, denn die Wohnmobile werden als Lückenfüller auf dem LKW-Deck genommen. Wir durften erst ziemlich zum Schluß rein, konnten dann aber fast bis nach vorne durchfahren.

Dieser Platz hat den Vorteil, dass beim Ausladen wir mit die Ersten sind, die vom Schiff kommen.

Bis wir unten in Deck 3 fertig waren und nach oben auf Deck 8 kamen, hatten wir schon abgelegt. Im Restaurant gab es eine Hunde-Ecke und wir nutzten die Gelegenheit zu Kaffee und Brötchen. Beim Blick aus dem Fenster sahen wir gerade noch die Vesikko, ein finnisches Unterseeboot von 1933. Interessant an dem Ding ist eigentlich deswegen, weil es sich um den Prototyp des deutschen U-Boot-Typs II handelt. Da damals die Deutschen noch keine U-Boote bauen durften, wurde es in den Niederlanden von einer deutschen Tarnfirma „Ingenieurskantoor voor Scheepsbouw NV“, die eigentlich der Krupp AG gehörte, geplant. Gebaut wurde das Boot unter deren Bauaufsicht in Turku, Finnland.

Irgendwann musste auch unser Dackel dahin, wo alle Hunde mal hinmüssen. Da gibt es auf Deck 11 ein Hundeklo. Leider soweit hinten und schutzlos, dass man fast meinte, man könne den Dackel wie einen Drachen steigen lassen. Das war schon ein kräftig Wind.

Da mir unten zu viel los war und auf Deck 11 vorne ein verglaster geschützter Bereich war, zogen wir es vor, dort zu bleiben. Monika hatte die Gelegenheit durch die diversen Läden an Bord zu marodieren, während Bazi und ich unsere königlich bayerische Ruhe genossen.

Da die Fähre durch den finnischen Meerbusen fährt und St.Petersburg eine der wenigen Möglichkeiten für Russland ist, Öltanker und andere Frachter abzufertigen, fahren hier natürlich viele Schiffe rum. So wie dieser. Ob der zur Schattenflotte gehört, oder regulär fährt oder gerade wieder ein Chinese auf Zerstörungskurs für Unterseekabel ist, weiß ich natürlich nicht. Was ich weiß ist, dass er eine rote Flagge führte. Ob da ein großer und vier kleine Sterne drauf waren, oder ob es die Flagge von Vietnam, Kongo oder Afghanistan war, weiß ich nicht. Russisch war sie jedenfalls nicht.

Bei der Ankunft in Tallinn war unsere Position auf Deck 3 wunderbar: Erst fuhr der Bus raus, dann das Wohnmobil vor uns und wir als Dritte. Glückes Geschick!

Wenn man dann so an dem Pott entlang fährt, wird einem erst bewusst, wie groß das Teil ist. Die PKWs sind natürlich nicht im LKW-Deck Nr. 3, sondern auf Deck 4 und 5.

Wie man sehen kann, werden die PKW seitlich be- und entladen. Die LKWs und Wohnmobile fahren hinten rein und vorne raus, also ein echtes RORO (rolling on, rolling off) ohne rangieren.

Als erstes stellten wir fest, dass hier der Diesel 40 Cent weniger kostet, wie im finnischen Mittel. Trotzdem hatte ich vorher getankt, denn ich fahre nicht mit leeren Tank in ein anderes Land, ohne dessen Verhältnisse zu kennen.

Ich hatte vorab einen Parkplatz ausfindig gemacht, der an der Stadtmauer der Altstadt ist und dessen Adresse in den Navi programmiert. So ging es dann, elektronisch geführt, durch Tallinn.

Bis auf genau jenem Parkplatz, der so versteckt ist, dass ihn kaum ein Fremder findet. Daneben ist eine Kirche irgendeiner Freikirche mit Ursprung USA. Egal, solange uns um 6:00 kein Gotteslärm aus dem Bett wirft…

Wie man aus der anderen Sicht sehen kann, ist es hier wirklich leer.

Wir also den Domberg hoch in die Altstadt zur Alexander-Newski-Kathedrale. Ich spare mir aber hier das Aufzählen von Kirchen, es gibt einfach zu viele davon.

Da wir nur eine Semmel auf der Fähre gegessen hatten, meldete sich der Hunger. Wir suchten uns ein nettes Lokal in einer Seitenstrasse.

Die Karte schien auch ok, die Preise erträglich.

Ich entschied mich, ganz Banause, für Fish & Chips, während…

…Monika die Fischsuppe genoß. Gut war beides.

Nach dem Essen ging es weiter durch Gassen und Gässchen…

…Treppen runter, denn irgendwie muss man ja von dem Domberg wieder runterkommen.

Am Rathaus gab es einen Markt, auf den es diverse Erzeugnisse und Handarbeiten gab sowie diverse Backwaren, von denen wir etwas mitnahmen für’s Abendessen.

Auf einer Bühne sang ein Damentrio volkstümliche Weisen.

Und als ich da so sitze und Bazi bei mir in der Jacke versteckt hatte (zum Aufwärmen, der Arme zappelte doch schon recht), lausche ich geneigt dem tollen dreistimmigen Gesang des Damentrios hinter mir auf der Bühne.

Und man glaubt es kaum, plötzlich kommt von der anderen Seite etwas, was ich seit 40 Jahren nicht mehr gehört habe und auch nicht erwartet hätte:

„Hare Rāma, Hare Rāma Rāma Rāma Hare Hare – Hare Kṛṣṇa Hare Kṛṣṇa Kṛṣṇa Kṛṣṇa Hare Hare“

Ja mi hast g’haut! Hare-Krishna in Tallinn? Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Jedenfalls machte deren Mantra aus der Gesangsdarbietung des Damentrios zumindest an meiner Mittelposition eine gewisse Kakophonie, bestehend aus volkstümlichen estnischen Gesang versetzt mit Mantra-Background. Nina Hagen hätte ihre Freude dran gehabt. Ach was sag ich, das Ganze hätte fast die „Screaming Art Show“ von Yoko Ono getoppt!

Nunja, jeder wie er will. Nachdem also die ansprechende musikalische Note auf diesem Markt für mich vollends entgleist war, entschlossen wir uns, zum Wohnmobil zurück zu gehen.

Dort machten wir uns bei einer Tasse Tee über die gekauften Schnecken her.

Sie schmecken wunderbar, haben geschmacklich ein wenig was „clotted cream“ der Engländer.

Es folgte das obligatorische Kartenschreiben für die Leute, die nicht technik-affin sind und das Internet eher für Voodoo halten.

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